Weihnachtstradition

„Er redete von dem Vergnuegen, das die Kleinen haben wuerden, und von den Zeiten, da einen die unerwartete Oeffnung der Thuere, und die Erscheinung eines aufgepuzten Baums mit Wachslichtern, Zukkerwerk und Aepfeln, in paradisische Entzuekkung sezte.“ [1] (Goethe 1774, 181)

Kinder mit Geschenken vorm Weihnachtsbaum. Fotograf unbekannt, 1850er Jahre. ©akg-images

Ob mit echten oder elektrischen Kerzen, mit Lametta, Strohsternen oder glänzenden Glaskugeln geschmückt – als Holzgestell oder aus Eisen gemacht, nachhaltig genutzt und zum Wiedereinpflanzen, Tanne, Fichte oder Kiefer – heute ist der geschmückte, grüne Nadelbaum fester Bestandteil unserer weihnachtlichen Tradition.

Der Brauch des Schmückens des Hauses oder der Wohnung mit immergrünen Pflanzen, die sinnbildlich für Lebenskraft, Gesundheit, Glück, Neubeginn und ewiges Leben stehen, findet sich schon früh im europäischen Kulturraum. Erste schriftliche Erwähnungen eines Weihnachtsbaums stammen aus dem 16. Jahrhundert. Als sich das Weihnachtsfest im 18. Jahrhundert aus dem kirchlichen mehr und mehr in den privaten Raum verlagert und zum Familienfest wird, verbreitet sich auch das Ritual des Aufstellens eines Weihnachtsbaumes. Zunächst ist es vor allem das wohlhabende Bürgertums, das sich eine Weihnachtspyramide oder einen Weihnachtsbaum leisten kann und diesen mit Kerzen, Äpfeln, allerlei Zucker- und Glitzerwerk und den um 1830 erfundenen, gläsernen Christbaumkugeln zu schmücken beginnt.

Gruppenbild einer Familie mit Weihnachtsbaum. Fotograf unbekannt, um 1910. ©akg-images
“Weihnachten 1899”. Fotograf unbekannt. ©akg-images
“Weihnachten! Der Radioapparat, das schönste Geschenk für die ganze Familie” Fotograf unbekannt, um 1930.
©akg-images

Auswanderer vor allem und Matrosen tragen den aus dem deutschsprachigen Raum stammenden Brauch in die ganze Welt. Um den steigenden Bedarf an Nadelbäumen zu decken, werden schon in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eigens Tannen- und Fichtenwälder kultiviert. In den USA stellt man bald erste Ersatzbäume aus Eisen her, die sich mit Gas beleuchten lassen. 1882 wird in New York ein erstes Patent für elektrische Weihnachtsbaumkerzen vergeben.

Weihnachtsbaumschmuck.Fotograf unbekannt, um 1930. ©akg-images
Detailaufnahme vom Weihnachtsbaum. Foto undatiert, um 1930. ©akg-images

Etwa zeitgleich etabliert sich mit der Verbreitung industriell hergestellter handlicher Kameras die Amateurfotografie. Normierung und Standardisierung fotografischer Verfahren wie die fortschreitende Entwicklung der Technik ermöglichen es in den folgenden Jahrzehnten immer mehr Menschen wichtige Ereignisse ihres privaten und familiären Umfeldes fotografisch festzuhalten. Neben Hochzeiten, Einschulungen, Konfirmationen oder Kommunionen gehört dazu nun auch das Weihnachtsfest. Fotografien von Familien und Kleinkindern mit Geschenken vor einem erleuchteten Weihnachtsbaum finden sich seit Ende des 19. Jahrhunderts immer mehr auch in Fotoalben.

Kerzenständer mit Weihnachtsgesteck. Fotograf unbekannt, um 1930. ©akg-images
Wohnzimmmerinterieur mit Weihnachtsbaum. Fotograf unbekannt, um 1930. ©akg-images
Nach der Bescherung. Fotograf unbekannt, um 1930. ©akg-images
Ehepaar und Schwiegermutter beim Weihnachtsfest. Fotograf unbekannt, um 1928. ©akg-images

Das Spessartmuseum zeigt zur Zeit [11.Dez. 2020 – 07.Febr. 2021] die Sonderausstellung “Der Weihnachtsbaum – eine unendliche Geschichte”. Im Katalog zur Ausstellung sind auch einige Weihnachtsbaumbilder aus unserem Bestand zusehen.

Private Silvesterfeier. Fotograf unbekannt, um 1925. ©akg-images

Wir verabschieden uns hier für dieses Jahr und wünschen eine friedliche, geruhsame Weihnachtszeit und einen guten Rutsch ins neue Jahr! Am 13. Januar geht es dann im zweiwöchentlichen Rhythmus weiter.

Gruppenbild einer privaten Silvesterfeier. Fotograf unbekannt, um 1925. ©akg-images
“Zur Erinnerung an Neujahrsabend 1. Januar 1929.”
Fotograf unbekannt, 1929. ©akg-images
Fußnoten:
  • [1] von Goethe, Johann Wolfgang. 1774. Die Leiden des jungen Werthers. Bd. 2, Leipzig. http://www.deutschestextarchiv.de/book/view/goethe_werther02_1774?p=69 Aufgerufen am: 16.12.2020