Graue Exotik

Dame mit Hund. Richard Klau, um 1890. ©akg-images
Mann in Uniform mit Tochter. Ernst Raschke, um 1900. ©akg-images
Männerporträt. H. Wolffberg, um 1890. ©akg-images

Europäische, phantasievolle Vorstellungen fremder Kulturen, tropischer Länder und die Sehnsucht nach dem vermeintlich ›Exotischen‹ spiegeln sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts auch in der Ausstattung fotografischer Ateliers wider.
„Damals sind jene Ateliers mit ihren Draperien und Palmen, Gobelins und Staffeleien entstanden, die so zweideutig zwischen Exekution und Repräsentation, Folterkammer und Thronsaal schwankten […]“ [1] schreibt Walter Benjamin. Efeuranken, Farnen- und Palmenwedel, Topf- und Schlingpflanzen, Felsen und Baumstämme ergänzen das Bild dieser stickigen, schwülen „gepolsterten Tropen“ [2]. Die Palme ist zu dem Symbol der ›Exotik‹ geworden.

Mann in Uniform mit Palme. Fotograf unbekannt, um 1910. ©akg-images

„Es versteht sich dabei von selbst, daß man keineswegs natürliche Felsen usw. verwendet, sondern alle diese Dinge künstlich darstellt und auf einer Unterlage befestigt, welche auf Rollen ruht […]“ [3]. Denn ebenso wie die gemalten Hintergründe mussten auch die Requisiten schnell austauschbar sein um den wechselnden Wunschvorstellungen der Kundschaft zu entsprechen. “[…] für solche Zwecke stellt die Firma Grossmann in Berlin vorzügliche Blätterzusammenstellungen her; die Blätter haben eine matte Oberfläche, eine photographisch schön wirkende graubraune Farbe, kurz, entsprechen durchaus dem, was Sie verlangen.” [4] Möbel, Felsen und sonstiges Beiwerk wurde aus Pappmarché gefertigt und bedingt durch die Farbblindheit des Negativmaterials in unterschiedlichen Grautönen matt angestrichen. Sollten dennoch echte Pflanzen Verwendung finden, rät O. Buehler: „Etwaigen Glanz der Farbe kann man durch Aufstreuen von Sand, Asche oder Tuchstaub vermindern …“ [5]
So waren diese westlichen Sehnsuchtswelten, ›exotische‹ Studiokulissen südlicher Landschaften mit Palmenschmuck, in ihrer Farbwelt eher von einem tristen licht-, stein-, staub- und schwarzgrau geprägt.

Junge in Matrosenhemd und Mütze. Atelier Mathaus, um 1910. ©akg-images
“aufgenommen am 20.Oct.05. Asta Oppermann, geb. 7/4. 1902. Gisbert Oppermann, geb. 8/1. 1904.” Hermann Tietz, Oktober 1905. ©akg-images
Fußnoten:
  • [1] Benjamin, Walter. 2012. „Kleine Geschichte der Photographie.“ In Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit: drei Studien zur Kunstsoziologie. Frankfurt am Main: Suhrkamp. S.54
  • [2] Ebd., S.54
  • [3] Buehler, Otto. 1869. Atelier und Apparat des Photographen. Weimar: Bernhard Friedrich Voigt. S.60
  • [4] Werbebericht im ›Photographischen Wochenblatt‹ der 1880er Jahre. Zitiert nach: Maas, Ellen. 1977. Die goldenen Jahre der Photoalben. Fundgrube und Spiegel von gestern. Köln: DuMont Buchverlag. S.85
  • [5] Buehler, Otto. 1869. Atelier und Apparat des Photographen. Weimar: Bernhard Friedrich Voigt. S.60