Japanische Fotografien der Meiji-Zeit
Kunstvoll ist mit goldenen Pinselstrichen ein Rikscha Kuli auf den Deckel des Fotoalbums gemalt worden. Die Köpfe der beiden abgebildeten Personen sind aus Elfenbein. Im Hintergrund der Szene ist der Mount Fuji zu sehen.
Vielfach sind kleine Lackalben [20 x 15cm] wie dieses nach der Öffnung Japans, Mitte des 19. Jahrhunderts, nach Europa und Amerika gelangt. Frühe Japanreisende, unter ihnen vor allem Kapitäne, Matrosen, Kaufleute, Diplomaten und reiche Forschungsreisende brachten erste Alben zu dokumentarischen Zwecken oder als Andenken mit. Sie zeigen Fotografien eines in der westlichen Welt noch wenig bekannten Landes. Aus einem umfangreichen Repertoire an Bildmotiven – Genre-, Landschafts- und Porträtaufnahmen – konnten, ähnlich heutiger Postkarten, vorgefertigte Abzüge in Fotoateliers, Kunst- und Souvenirhandlungen erworben werden. Erst die jeweils unterschiedliche Handkolorierung, der in Massenproduktion hergestellten Fotos machte diese zu einem Einzelstück [1]. Es ist die feine, leicht transparente farbliche Gestaltung dieser Bilder, ihre zarten Pasteltöne die ihren Reiz ausmachen.
Die japanischen Souvenirfotografien der Meiji-Zeit befriedigten die romantischen Sehnsüchte der Reisenden nach einer fremden, „exotischen“ Kultur und prägten lange das vermeintlich authentische Bild Japans. Doch zeigen die Bilder schon Ende des 19. Jahrhunderts ein Land, das bedingt durch die rasch fortschreitende Industrialisierung so nicht mehr existierte. Motivwahl und Bildkomposition der Fotografien orientieren sich eher an den Holzschnitten der Edo-Zeit. Die industrielle Veränderung des Landes ist auf den Fotografien kaum zu finden.
Das Besondere des vorliegenden Fotoalbums in Leporelloform ist die Kombination eben dieser japanischen, zigfach reproduzierten Souvenirfotografien und den ebenfalls im Album enthaltenen einfachen, kleinformatigen Amateuraufnahmen.
Fußnoten:
- [1] Das sorgfältige Kolorieren eines einzigen Bildes konnte bis zu 6 Stunden dauern.