»Freizügige« Bademode
Ab Mitte der 1920er Jahre findet man auf den Seiten der Fotoalben auch immer mehr Fotos von Badeausflügen. Gruppenbilder zeigen vergnügte, leicht bekleidete Menschen im Sommer an See und Meer. Das erst seit etwa der Jahrhundertwende erlaubte gemischtgeschlechtliche Baden im Freien erfreut sich starkem Zulaufs.
Auch die Badebekleidung für Frauen wird allmählich kürzer und zweckmäßiger. Hatten Frauen bis dato nicht nur Oberkörper, Beine und Haar mit einem Badekleid und einer Haube zu bedecken, war sogar der Anblick ihrer nackten Füße verpönt, so dass auch Badeschuhe und -socken keine Seltenheit waren. Die durch die wegfallenden Stoffmassen gewonnene Bewegungsfreiheit ermöglichte nun ein ganz „neues“ und auch wesentlich ungefährlicheres Bade- und Schwimmvergnügen. Männer trugen entweder den Einteiler mit Trägern und kurzem Bein oder bereits einfache Badehosen. Das neue Körpergefühl und die damit verbundene Freiheit zeigt sich auch auf den vielen Gruppen- und Freundschaftsfotos, die ein beliebtes Repertoire von sportlich bis ironischen Inszenierungen wiedergeben. Freibäder werden zu Modeorten, an denen man sich in der neuste Bademode zeigt. So fanden nicht selten Badekostümwettbewerbe statt, wie 1922 in Westerland, die regen Zulauf fanden.
Der Berliner Politiker und Jurist Franz Bracht sah in der Freizügigkeit der neuen Bademode jedoch die öffentliche Ordnung in Gefahr und erließ 1932 die Badepolizeiordnung mit dem sogenannten Zwickelerlass. Dieser verbot das Nacktbaden, das seit der Jahrhundertwende immer populärer geworden war und schrieb genau vor welche Badebekleidung zu tragen sei.
§ 1. (2) Frauen dürfen öffentlich nur baden, falls sie einen Badeanzug tragen, der Brust und Leib an der Vorderseite des Oberkörpers vollständig bedeckt, unter den Armen fest anliegt sowie mit angeschnittenen Beinen und einem Zwickel versehen ist. Der Rückenausschnitt des Badeanzugs darf nicht über das untere Ende der Schulterblätter hinausgehen.
(3) Männer dürfen öffentlich nur baden, falls sie wenigstens eine Badehose tragen, die mit angeschnittenen Beinen und einem Zwickel versehen ist. In sogenannten Familienbädern haben Männer einen Badeanzug zu tragen.
Erst 1942 wird das Gesetz wieder aufgehoben. Bis der Bikini sich als Badebekleidung für Frauen durchsetzte vergingen jedoch noch zwei Jahrzehnte.