“Saarbrücken und Saarland Band I” – Fotoalbum von Hans Neikes

Im Bestand historischer Fotoalben unserer Agentur befindet sich ein privates Fotoalbum des ehemaligen Bürgermeisters Saarbrückens, Hans Neikes (1881-1954). »Saarbrücken und Saarland Band I« steht in Handschrift auf den grünen Einband des Albums. Die Fotografien bebildern Neikes Erinnerungen an seine Amtszeit in Saarbrücken. Man sieht ihn bei Reden, Versammlungen, Tagungen, Feiern und Eröffnungen im Zeitraum von 1921-1935.

Grüner Einband des privaten Fotoalbum von Hans Neikes “Saarbrücken und Saarland Band I”. Fotografien von 1921-1935. ©akg-images

Fast alle Fotografien sind handschriftlich bezeichnet. Bezeichnungen, die nicht zu den enthaltenen Fotos passen, ebenso wie sichtbar überflüssige Fotoecken deuten auf eine Umnutzung oder Umgestaltung des Albums zu Neikes Zwecken hin. Auf der ersten mit »Saarbrücken 1921-1935« überschrieben Seite des Albums sind Fotos entfernt worden. Die ungenutzen Fotoecken verweisen deutlich auf die Leerstellen die die Bilder hinterlassen haben.

Leere Albumseite “I. Saarbrücken 1921-1935”, Fotografien wurden entfernt.

Auf die folgenden Seiten sind Fotografien der Jahrtausendfeier in Saarbrücken, der Einweihung des Gebäudes der Landeszeitung, der Landung des Luftschiff LZ127, der Besichtigung der Unglücksstätte des Neunkirchener Expolsionsunglück ebenwie ›private‹ Aufnahmen von Neikes zusammen mit seinem Sohn im Garten der Wohnung in der Waterloostraße geklebt worden.

Jahrtausendfeier – “Versammlung auf dem Landwehrplatz” Fotograf/in unbekannt, um 1925. ©akg-images.
Jahrtausendfeier – “Alt-Neugasse (Saarbr.1)” Fotograf/in unbekannt, um 1925.
©akg-images.
“Einweihung des Gebäudes der Landeszeitung” Photo-Atelier K.C. Kirschmann, 1926. ©akg-images.
“Neunkirchener Expolsionsunglück Feb. 1933. Besichtigung der Unglücksstätte durch F.G.S.” Fotograf/in unbekannt, um 1933. ©akg-images.
“Hoch auf Dr. Eckener”. Hans Neikes jubelnd. Fotograf/in unbekannt, um 1933. ©akg-images.
“Dr. Eckener spricht”. Hugo Eckener bei seiner Rede auf dem Flugplatz St. Arnual. Fotograf/in unbekannt, um 1933.
©akg-images.
Bartholomäus Koßmann. “Das Luftschiff ist gelandet” Fotograf/in unbekannt, um 1933. ©akg-images.

Angelegt wohl als privates Erinnerungsalbum, ist das vorliegende Album heute gerade im Zuge der Aufarbeitung Neikes Biografie auch ein interessantes Zeitzeugniss, das einen ›Einblick‹ in die Vergangenheit des ehemaligen Bürgermeisters Hans Neikes ermöglicht.

Hans Neikes. Fotograf/in unbekannt, um 1925. ©akg-images.
Walther Neikes. Fotograf/in unbekannt, um 1925. ©akg-images.
Albumseite “1925: Aufnahmen im Garten des Hauses Waterloostrasse 11”
©akg-images.

Neikes Amtszeit – von 1921 Bürgermeister und ab 1928 Oberbürgermeister – fällt in den Zeitraum in der das Saargebiet, durch den Versailler Vertrag dem Völkerbund als Mandatsgebiet unterstellt war und über dessen staatliche Zugehörigkeit ein Volksentscheid 15 Jahre später entscheiden sollte. Wegen seiner prodeutschen Haltung und Kritik an der Politik der Regierungskommission fiel Neikes immer wieder auf. Ein Disziplinarverfahren mit dem Ziel des Dienstentlassung gegen ihn blieb jedoch folgenlos. Auch nach der Machtergreifung Hitlers spricht sich Neikes deutlich für die Rückkehr des Saargebietes ins Deutsche Reich aus und sympathisiert mit dem Nationalsozialismus. Adolf Hitler verleiht er 1934, noch vor der Saarabstimmung, die Ehrenbürgerschaft der Stadt Saarbrücken. 1935 verlässt Neikes jedoch auf Betreiben des NS-Gauleiters Josef Bürckel sein Amt und wird in den Ruhestand versetzt.

“Saarkundgebung am Deutschen Eck August 1934” Fotograf/in unbekannt, um 1934. ©akg-images.

Schon seit einigen Jahren wird in Saarbrücken über die umstrittene Ehrung des ehemaligen Bürgermeisters Hans Neikes diskutiert. Namentlich sind ihm eine Straße und Turnhalle im Stadtteil St. Johann gewidmet. Ebenso wird die Pflege seines ›Ehrengrab‹ auf dem Hauptfriedhof von der Stadt übernommen.

Hans Neikes. Fotograf/in unbekannt, um 1933. ©akg-images.

Erst 2019 wurde mit der von Susanne Willems verfassten Publikation ›Der entsiedelte Jude. Albert Speers Wohnungsmarktpolitik für den Berliner Hauptstadtbau‹ und Dirk Amsels Aufsatz ›Im Saarland nicht weiter beachtet: die zweite Karriere des Saarbrücker Oberbürgermeisters Hans Neikes bei Albert Speer‹ erschienen in ›Saarbrücker Hefte. Nr. 120‹ die bis dato wenig bekannte Tätigkeit (1938–1945) Neikes als ›Leiter der Rechtsabteilung‹ in Albert Speers Generalbauinspektion bekannt.

Ganz aktuell heißt es im ›Abschlussbericht der Straßennamenkommission des Bezirksrats Mitte der Landeshauptstadt Saarbrücken‹ vom Mai diesen Jahres: »Eine insgesamt schwere politische Belastung markiert Neikes Tätigkeit im Amt von Albert Speer, hier spielte er die Rolle eines Schreibtischtäters im NS-Unrechtsregime. Auch wenn bis dato keine Unterlagen einen direkten bzw. persönlichen Verantwortungszusammenhang von Neikes zum Holocaust und anderen Verbrechen gegen die Menschlichkeit beweisen, so war er als leitender Beamter der Generalbauinspektion bzw. als hoher Verwaltungsjurist in den Ankauf von Grundstücken involviert, auf denen Lager für Zwangsarbeiter und Außenlager von Konzentrationslagern errichtet wurden. […] Neikes Biografie zeigt den Bedarf an differenzierter Betrachtung der NS-Geschichte und gerade nach einer differenzierten Abwägung ist die Umbenennung zu empfehlen.«