Fotografie als Wandergewerbe
Bis Mitte des 19. Jahrhunderts war es Fotografen nur in größeren Städten möglich ein Atelier zu betreiben, um sich mit der Porträtfotografie ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Ein Großteil der Daguerreotypisten waren Wanderfotografen. Ihre temporären “Ateliers” errichteten sie im Freien in der Nähe von Gasthäusern und Jahrmärkten. Typische für die Bilder der ambulanten Fotografen ist, die als Hintergrund dienende Backsteinmauer – mitunter durch ein aufgespanntes Tuch verdeckt – ebenso wie der sichtbare Bodenbelag aus Kies oder Pflastersteinen. Nicht selten war schon bei Einzelporträts aufgespanntes Tuchmaterial zu schmal, um den gewünschten Bildausschnitt vollkommen zu bedecken, so dass das Provisorium Teil des Bildes wurde.
Lief das Geschäft gut, konnte man sich einen Wagen samt Mobiliar, einen Teppich und gegebenenfalls eine bemalte Leinwand mit Hängevorrichtung leisten. Mit zunehmender Verbreitung des fotografischen Gewerbes und fortschreitenden technischen Neuerungen wurden auch kleinere Ortschaften von reisenden Fotografen aufgesucht. Spätestens seit der Erfindung der Carte de Viste, die eine kostengünstigere Anfertigung eines Porträtfotos ermöglichte, wurde es für Fotografen lukrativ sich im ländlichen Raum anzusiedeln.
Nach der Jahrhundertwende erfreut sich der reisende Fotograf erneut großer Beliebtheit. Sugets sind nun meist Wohnhäuser mit ihren aus den Fenstern blickenden Bewohnern und vor Geschäften posierenden Ladenbesitzern. Sie sind die potenziellen Kunden der Echtfotopostkarten, die mit einem kurzen Gruß auf der Rückseite der Karte an Freunde, Familie und Verwandte verschickt werden.
„(…) Hoffendlich sehen wir uns bald mal wieder, es ist doch jetzt garnicht mehr weit. Laßt recht bald etwas von Euch hören wie es Euch in Berlin gefällt.(…)“