Porträtfotografie im Warenhaus ›A. Wertheim‹

„Du wirst Dich wundern, daß ich schon wieder ein Bild von mir schicke. Aber solche Karten giebt [sic!] es bei Wertheim zu, wenn man für eine gewisse Summe kauft.“[1]

Leipziger Platz mit dem Kaufhaus Wertheim.
Fotograf unbekannt, um 1929. ©akg-images
Jungen Frau mit Buch. A. Wertheim. (Oranienstr.), um 1900. ©akg-images

Fast in jedem, der um die Jahrhundertwende zusammengestellten Berliner Familienalben finden sich Aufnahmen aus einem der fotografischen Ateliers des Warenhauses ›A. Wertheim‹. 1885 eröffnete, dass 1875 in Stralsund gegründete Warenhaus auch in Berlin seine erste Filiale. Viele der großen, deutschen Warenhauskonzerne gingen aus Ende des 19. Jahrhunderts, als einfache Textilwarenhandlungen gegründeten Geschäften hervor. Nach und nach wurden weitere Warengruppen in das Angebot aufgenommen und so, die für ein Warenhaus typische Sortimentsbreite erreicht. Erstmals in Deutschland führt ›A Jandorf & Co.‹ im März 1898 das ›Photographische Atelier‹ als Spezialabteilung in seinem Warenhaus in der Belle-Alliance-Straße [2] (Berlin Kreuzberg) ein. Weitere Häuser folgen dem erfolgversprechenden Modell. Das Angebot bei ›A. Wertheim‹ [3] beschränkte sich anfangs (1989-1900) jedoch auf ein Atelier, das sich allein der Entwicklung, Reproduktion und Rahmung von Amateurbildern widmete. Erst 1900 eröffnete auch ›Wertheim‹ in seine Filialen Porträtateliers.

Brüdern mit Bilderbuch. A. Wertheim (Leipzigerstr.), um 1910. ©akg-images
Mädchen mit Ball. Wertheim (Leipzigerstr.), um 1910.
©akg-images
“Heini Febr. 1910 2 3/4 Jahr”. Wertheim (Oranienstr.), 1910.
©akg-images
Mann in Uniform mit Pickelhaube. Wertheim (Rosenthalerstr.),
um 1910. ©akg-images
“Onkel Julius Wogel. erhalten d. 8.11.1909.” Atelier Wertheim (Leipziger Str.),
handschriftlich bezeichnet, 1909. ©akg-images

Zu Beginn war das Fotoatelier Teil einer einfachen Marketingstrategie. Interessenten – vor allem aus wohlhabenden Kreisen – sollten mit Gratisfotografien in die Warenhäuser gelockt werden, in der Hoffnung, dass aus ihnen potenzielle Käufer würden. Anschlusskäufe wie Passepartouts, Rahmen, Fotoalben und Album-Ständer ebenso wie Nachbestellungen der angefertigten Fotos waren keine Seltenheit. Unter verschiedenen Handelsnamen wurden Fotoalben, den neusten Moden entsprechend in diverse Ausführungen angeboten. Auch Alben mit speziellem Vorsatz zum Beispiel für Angestellte „Zur Erinnerung an zehnjaehrige Dienste“ sind produziert worden [4].

Titelblatt: Zur Erinnerung an zehnjaehrige Dienste im Hause
A. Wertheim. “Elise Hartmann. Eintritt am 1.10.06.” (handschriftlich vermerkt). ©akg-images
Albumdoppelseite mit Ansichten des Kaufhaus Wertheims in Berlin und Stralsund. ©akg-images

Firmeneigene Produkte, wie Fotografien, wurden mit dem leicht erkennbaren Warenzeichen, der über dem „W“ schwebenden Weltkugel gekennzeichnet. Das fotografische Angebot umfasste neben Carte de Visite Fotografien, Fotos im Kabinett- sowie div. Sonderformaten, Postkarten, großformatige Bilder aus dem ›Photographischen Kunst-Atelier A. Wertheim‹ und Kleinformate aus dem Fotoautomat der ›Schnell-Photo‹ Abteilung, etc.. Die Herstellung dieser breiten Produktpalette zu „Dumpingpreisen“ machte es Vielen möglich sich auch ohne speziellen Anlass in einem der Ateliers eines Warenhauses fotografieren zu lassen. Für übrige Fotografen war diese Preispolitik nicht selten ruinös.

Frauenporträt. Kunstatelier A. Wertheim, 1918. ©akg-images
Frau in Kostüm mit Hut und Pelz. A. Wertheim (Moritzplatz), um 1925.
©akg-images
Fußnoten:
  • [1] (LE/102, Postkarte, 1910) zitiert nach: Rehning, Jeanne E. 1999. Das “Photographische Atelier” im Warenhaus. Würzburg: Bayerische Blätter für Volkskunde. S. 93
  • [2] Belle-Alliance-Straße ist einer der historischen Namen des heutigen Mehringdamm.
  • [3] ›A. Wertheim‹ in der Leipziger Straße 132/135
  • [4] Vgl.: Rehning, Jeanne E. 1999. Das “Photographische Atelier” im Warenhaus. Würzburg: Bayerische Blätter für Volkskunde. S. 174