Hüte, Fächer, Handschuhe – modisches Beiwerk der Jahrhundertwende

“Schultze u. – Dem jungen Bräutigam zum Andenken. 1.F. 1913.”
Atelier Wertheim, handschriftlich bezeichnet, teilweise unleserlich, 1913. ©akg-images

Das Wissen über historische Verfahren, verwendete Materialien, die jeweils zeittypischen Ausstattungen der Ateliers und nicht zuletzt Namen und Adressen von Fotografen erleichtert es uns, Fotografien relativ genau zu datieren. Darüber hinaus kann die Geschichte der Mode als Hilfsmittel für eine zeitliche Einordnung der Fotografie dienen. Die Monografie »Dressed for the Photographer« der Historikerin Joan Severa ist eines der Standardwerke, die helfen, amerikanische Fotografien aus der Zeit zwischen 1840 bis 1900 einzuordnen. Für Europa und besonders Deutschland fehlen vergleichbare Werke bisher. Aber auch ohne umfassende Kenntnisse der Kostümkunde fallen beim Blättern in den Einsteckalben aus dem 19. Jahrhundert immer wieder zeittypische modische Besonderheiten auf. Dazu zählen z.B. Hüte, die besonders um die Jahrhundertwende zu einem wichtigen Accessoire werden. Manchmal scheint es, als wollten die mächtigen Kopfbedeckungen den Rahmen des Bildes sprengen.

Frau mit Hut. Bernhard Herfart, um 1910.
©akg-images
“Mode 1909!!!” Fotograf unbekannt, 1909. ©akg-images
“Eva Bahnemann”. Fotograf unbekannt, handschriftlich bezeichnet, um 1910. ©akg-images
Junge Frau mit Strohhut. Atelier Warenhaus Herm. Tietz, um 1905. ©akg-images

Werden gegen Ende des 19. Jahrhunderts und im folgenden Jahrzehnt die Kleider stetig schmaler, gewinnen die Hütte immer mehr an Breite, so dass sie um 1907 nicht selten fast 60cm im Durchmesser erreichen. Der Großteil dieser Hütte ist aus Stroh. Üppig werden sie mit riesigen exotischen Straußen- und Paradiesvogelfedern [1], Blumen, Schleifen und Spitzen beladen.

Winkende Frau mit Hut. Fotograf unbekannt, um 1910. ©akg-images
Frau in folkloristischer Mode mit Fächer. Atelier C.F. Beddies & Sohn, um 1900. ©akg-images
Frau mit Hut und Schirm. Atelier Wertheim, um 1910. ©akg-images

Die Sucht nach immer neuen Modellen scheint unersättlich. Einen besonderen, möglichst einzigartigen Hut zu tragen spricht für den Wohlstand seiner Trägerin und deren gesellschaftlichen Rang. Aber nicht nur die Hüte werden größer, auch die Frisuren, dank falscher Haarteile, immer umfangreicher. Farblich passend zum Kopfschmuck trägt man in sogenannten »besseren Kreisen« Fächer, Handschuhe und Sonnenschirme.

“1911 Pfingst-Tour. Durch Mecklenburg.” Fotograf unbekannt, handschriftliche bezeichnet, um 1911. ©akg-images
Fußnoten:
  • [1] Ab 1905 war die Verwendung von zu kostbaren Federn als Schmuck international verboten.