Spiritistische Fotografie. Die Lichtkraft des Geistes oder frühe Doppelbelichtungen.

„Die Lichtkraft eines Geistes auf die Platte ist nicht so stark, als es zu wünschen wäre; aber in Anbetracht, daß die Geister nahezu körperlos sind, ist vielleicht die Wirkung so gut, wie sie sich nur erwarten läßt.”[1]

Das neue Medium Fotografie erschien einigen Menschen anfänglich so eindrucksvoll, dass sie ihr übernatürliche Kräfte und Mächte zusprachen. So wurde Fotografie besonders im Spiritismus
etwa zur „bildlichen Festlegung unsichtbarer, mit toten Stoffen oder mit dem menschlichen Körper zusammenhängender Strahlungen, aber auch zur Überwachung und Nachprüfung spiritistischer Erscheinungen benutzt“[2].

Bronson Murray. William H. Mumler, Foto undatiert zwischen 1862 – 1875. ©akg-images / Liszt Collection
Frau mit männlichem Geist. William H. Mumler, Foto undatiert zwischen 1862 – 1875. ©akg-images / Liszt Collection

Pionier dieser Geisterfotografie war der Amerikaner William H. Mumler (1832-1884). Durch einen Zufall entdeckte er in den 1860er Jahren die technische Möglichkeit der Doppelbelichtung eines Fotos. Neben dem Porträtierten ließen sich so auch bereits verstorbene Angehörige im selben Bild ablichten. Vor dem Hintergrund des Amerikanischen Bürgerkrieges, der viele Tote gefordert hatte, und dem Wunsch der Bevölkerung nach einem letzten gemeinsamen Bild mit dem Angehörigen, witterte Mumler das kommerzielle Potential seiner Geschäftsidee. Die schemenhaft und undeutlich im Bild erscheinenden Verstorbenen lieferten für viele Betrachter den Beweis und damit die Gewissheit eines Lebens nach dem Tod.

Mann mit weiblichem Geist. William H. Mumler, Foto undatiert zwischen 1862 – 1875. ©akg-images / Liszt Collection
Geist mit einem Foto und Fotoalbum. William H. Mumler, Foto undatiert zwischen 1862 – 1875. ©akg-images / Liszt Collection

Kritiker dieser Praxis war unter anderen der Schausteller P.T. Barnum (1810-1891), der William H. Mumler mit Hilfe des Daguerreotypisten Abraham Bogardus (1822-1908) und dessen Fotografie Barnums, die ebenfalls den Geist Abraham Lincolns zeigte, überführte. Trotz eines Freispruches vor Gericht ruinierte der aufgeflogene Betrug Mumlers Karriere.
Ungeachtet der bereits verurteilten Geisterfotografen, verbreitete sich diese ungewöhnliche Form der Fotografie in den 1870er Jahren auch in Europa. Zu den frühen Vertretern gehören unter anderen der Engländer Frederick Hudson sowie der Franzose Édouard Isidore Buguet.

Frau mit Händen eines Geist. William H. Mumler, Foto undatiert zwischen 1862 – 1875. ©akg-images / Liszt Collection
Mrs. Tinkman. William H. Mumler, Foto undatiert zwischen 1862 – 1875. ©akg-images
/ Liszt Collection
Harry Gordon. William H. Mumler, Foto undatiert zwischen 1862 – 1875. ©akg-images
/ Liszt Collection

Geisterfotografie ist jedoch kein rein historisches Phänomen. Auch heute finden sich vor allem unter den Verfechtern der ‚Transkommunikation‘ einige Forscher, die mit Hilfe der neuesten digitalen Technik versuchen, Geister in Bildern festzuhalten.

Fußnoten:
  • [1] William H. Mumler zitiert nach: Stenger, Erich. 1950. Siegeszug der Photographie in Kultur, Wissenschaft und Technik. Seebruck: Heering Verlag. S. 178
  • [2] Stenger, Erich. 1950. Siegeszug der Photographie in Kultur, Wissenschaft und Technik. Seebruck: Heering Verlag. S. 177