Strich für Strich – handkolorierte Genre-Fotografien

Vater und Sohn. Friedrich Reinecke, um 1880. ©akg-images
Kinderpaar. Friedrich Reinecke, um 1880. ©akg-images
Frau mit Kleinkind. Friedrich Reinecke, um 1880. ©akg-images

Die Carte de Visite war ein Massenartikel. Als Souvenirs wurden Bilder schöner Landschaften, Trachten und Genre-Szenen in Buchhandlungen verkauft. Besonders im Zuge der ‚Heimatbewegung‘ Ende des 19. Jahrhunderts wuchs das Interesse an romantisierten Darstellungen regionaler Besonderheiten. Auch die vom hannoverischen Fotografen Friedrich Reinecke (1837-1904) angefertigten Darstellungen von Personen in Trachten aus der Umgebung des heutigen Bad Pyrmont in Niedersachsen wurden vermutlich zahlreich als solche verkauft.

Albumdoppelseite mit Porträtfotografien von Personen in Pyrmonter Tracht. Friedrich Reinecke, um 1880. ©akg-images

Man sammelte und tauschte Fotos und bewahrte sie neben denen der eigenen Familie in individuell gestalteten Alben auf. Die Einzigartigkeit dieser Bilder liegt in der in mühevoller Arbeit aufgebrachten Kolorierung. Mit feinen Pinseln wurde unter einer Lupe die farbige Eiweißlasur aufgetragen. Die meist bei Kostüm- und Genrebildern verwandte Technik geht über das anfangs nur dezente Einmalen roter Farbkleckse auf den Wangen der Porträtierten und das Betonen des Schmucks mit Muschelgold in frühen Daguerreotypien hinaus. Der Kontrast dieser blassen, etwas steif wirkenden stereotypen Darstellungen zu der kräftigen Farbgebung, der feinen, detailgenauen und doch unperfekten Strichführung des Malers, machen für mich den Reiz dieser Fotografien aus.

Brautwerbung. Friedrich Reinecke, um 1880. ©akg-images
Gevatterin mit Täufling. Friedrich Reinecke, um 1880. ©akg-images