Leinwandstars von gestern – Stumme Göttinnen und Helden
Ok, ich gebe es zu: Ich bin verrückt nach Filmen, vor allem nach klassischen Hollywoodfilmen der 30er und 40er Jahre.
Ich habe eine Schwäche für gut angezogene Männer, wie William Powell und glamouröse Frauen, wie Myrna Loy. Täglich bedauere ich es, so gut wie keinen Mann im schicken, gut sitzenden Anzug auf den Straßen zu sehen.
Unlängst dachte ich mir, ich sollte mich wieder einmal intensiver mit dem Hollywood der Stummfilmzeit beschäftigen und las Biografien von Louise Brooks, Rudolph Valentino, Clara Bow, Fatty Arbuckle und Mary Pickford innerhalb kürzester Zeit. Bei der Lektüre erfuhr ich, dass tatsächlich mehr als 80% aller Stummfilme auf immer verloren sind.
Als Kind sah ich mir immer die kurzen Stummfilmkomödien, die jeden Freitagabend im deutschen Fernsehen gezeigt wurden, an. Ich erinnere mich deutlich, auch weil es die einzige Gelegenheit war, bei der wir Fernsehen während des Abendessens schauen durften. Freitags wurde bei uns immer etwas zum Mitnehmen beim Imbiss gekauft, was allein schon etwas Besonderes war und der Tisch so gestellt, dass jeder bequem und ungestört Buster Keaton, Harry Langdon, Fatty Arbuckle und all die anderen sehen konnten. Das hört sich vielleicht etwas „antik“ an, ist aber wirklich noch nicht so lange her!
Außer einer Handvoll von Schauspielern, die hauptsächlich in Komödien spielten, sind die Namen der meisten der größten Stars, die es je in Hollywood gab, vergessen. Für gewöhnlich ist die Reaktion vieler meiner Freunde ein „Wer?“. Allerdings bin ich dann auch etwas getröstet wenn Fotos eine „Ah, der/die…“-Reaktion hervorrufen.
Obwohl nicht viele Leute in der Lage sind, irgendeinen Film mit Louise Brooks, Clara Bow oder auch mit einem der frühen Sprechstars wie Jean Harlow zu nennen, sind ihre Gesichter unvergessen.
Teilweise liegt das sicher auch an den zahlreichen glamourösen Portraitfotografien aus dieser Zeit. Für meine Schwärmerei für ein besonders schönes Foto von Rudolph Valentino werde ich sicher von einigen meiner Kollegen belächelt aber in den frühen 20er Jahren wäre das kein Schulterzucken wert gewesen. Im Gegensatz zu heutigen Filmstars erhielten die größten Hollywoodstars der damaligen Zeit ungleich mehr Fanpost und ihre Filme liefen monatelang in ausverkauften Kinosälen.
Stummfilme verdienen es, dass man sie wieder und wieder anschaut und zwar auf die Art und Weise für die sie gedreht wurden: in Filmpalästen mit großem Orchester. Wer je einen Stummfilm in einer solchen Atmosphäre gesehen hat, wird das wieder tun!
Meinen ersten Stummfilm mit Klavierbegleitung sah ich während einer InterRail-Reise in Aberdeen. In der Jugendherberge lagen Zettel, die Buster Keatons Filme „Die verflixte Gastfreundschaft“ und „Sherlock Holmes jr.“ ankündigten. Wir gingen hin und ich war wie elektrisiert! Im Laufe der Jahre habe ich dann immer versucht, jeden Stummfilm, der auf großer Leinwand läuft, zu sehen. Die meisten von ihnen in London, wo ich lange Zeit lebte.
In jedem Jahr gab es eine Stummfilmaufführung mit großem Orchester und so sah ich „Intolerance“, „Der General“, „Sonnenaufgang“, „Der Schachspieler“ (mit der selten gespielten originalen Filmmusik) und viele andere Filmjuwele, die einen starken Eindruck bei mir hinterließen.
Die Vorführungen waren immer ausverkauft und ich bin mir sicher, es gibt auch heute ein Publikum dafür. Übrigens eine Ansicht, die vom kürzlichen Erfolg des Stummfilms „The Artist“ in Cannes nur unterstrichen wird.
Und wir haben zusammen mit unserer spanischen Partneragentur Album Fotos von fast jedem Stummfilmstar. Deshalb ein Hoch auf den Stummfilm!