Der „private Blick“ im Ersten Weltkrieg – Das Fotoalbum von Hanns Krach –
Aus den Sammlungen des Archivs für Kunst und Geschichte /
akg-images. Teil 2
Von den tausenden Amateurfotografen zur Zeit des Ersten Weltkrieges kennen wir heute nur noch verhältnismäßig wenige namentlich. Dr. Hanns Krach (1892–1959), dessen Fotoalbum akg-images 2012 von seinem Enkel Dr. Tillmann Krach erwerben konnte, gehört zu diesen Wenigen. Der umfangreiche Band des späteren Juristen und Verlegers aus Mainz wird ab 6. November 2014 im Original – neben anderen Leihgaben von akg-images -, in der Ausstellung „Fotografie im Ersten Weltkrieg“ im Museum für Fotografie in Berlin, Jebensstraße 2, gezeigt werden.
Hier bieten wir Ihnen die einzigartige Möglichkeit, das komplette digitale Album zu betrachten und beim durchblättern den jungen Rekruten auf seinem Weg durch den Ersten Weltkrieg vom August 1914 bis zum Dezember 1918 zu begleiten. Die konkreten Kriegserlebnisse und Erfahrungen von Hanns Krach finden in dem Band ihren Niederschlag, aber diese Aufnahmen erzählen viel mehr als nur das eigene Schicksal. Denn in den privaten Fotografien, spiegeln sich nicht nur seine persönlichen Erinnerungen an den Kriegsalltag, sondern zugleich auch die historischen Ereignisse jenes Krieges, der alle bisherigen Dimensionen sprengte. Als Fotograf verweist er mit seinen Bildern auf das tausendfache Leid und hält den Schrecken des Krieges fest. Abseits offizieller Sichtweisen, erhalten wir Einblicke in die „Urkatastrophe“ am Beginn des 20. Jahrhunderts. Krach gibt den Schlachtfeldern mit ihren Toten und Verwundeten Namen, benennt Orte und entreißt sie damit dem Vergessen. Unmissverständliche Wahrheiten im Gegensatz zum propagierten Heldentod treten deutlich hervor. Neben den Amateuraufnahmen finden sich, wie in der Zeit üblich, oft auch Foto- und Bildpostkarten. Der Bogen spannt sich von der Mobilmachung im August 1914 in Berchtesgaden, bis hin zum Kriegsende im Dezember 1918 und den glücklichen Kriegsheimkehrern, die sich aber in der „Republik Blankenburg“ erst noch orientieren mussten. Das ihn seine Erlebnisse noch lange beschäftigten, wird deutlich als er 1926 nach über 10 Jahren eine „Erinnerungsreise“ nach Belgien „an die Front“ unternahm und diese ebenfalls in zahlreichen Fotografien dokumentierte.
Das Album zeigt u.a. Amateuraufnahmen von 1914/1915: Als junger Rekrut an der Westfront; / „Auf Patrouille erschossen“ Soldatenleichen in einem Wald; / „Wo ich am 27. VII. 15 verwundet wurde“ Schützengraben mit getöteten Soldaten in den Südvogesen im Elass; / „Massengrab der 92er am Schratzmännele“ Grab von 24 Soldaten des Reserve-Infanterie-Regiments Nr. 92 der 19. Reserve-Division der Preußischen Armee am Schratzmännele, Hohenros im Elsass; / Deutsche Patrouille mit französischen Gefangenen;/ Besuch König Ludwigs III. von Bayern; / 1916: Deutsche Soldaten beim Kartenspiel; / Schlachtfelder aus dem Elsass / Aufnahmen „Am Hafen Braila“ (Rumänien); / 1917 Kriegszerstörungen in Belgien; /Mai: Besuch von Hindenburg in Ostende; / „Stimmung daheim“, Heimaturlaub; / September 1918: „In Stellung vor Ypern …“, deutscher Soldat vor zerstörtem britischen Tanker in Belgien; / „Ostende, 19. u. 20.09.1918 / Eng. Schnellboot“, Wrack des britischen Küstenmotorbootes HMS CMB 33 A, nach dem gescheiterten Blockadeversuch vom April am Strand von Ostende; / Dezember „Republik Blankenburg“, Kriegsheimkehrer in Blankenburg im Harz.
Vita Hanns Krach – geboren am 15. November 1892 in Blankenburg, im Herbst 1912 hatte er am braunschweigischen Gymnasium zu Blankenburg im Harz sein Abitur bestanden und anschließend in München ein Jura Studium begonnen, dass er in den Kriegsjahren 1914-1919 unterbrechen musste und im Januar 1921 mit einer Dissertation zum Thema „Der Versailler Friedensvertrag und seine Rechtswirkungen auf den deutschen Weinhandel“ abschloss. Erste Berufserfahrung als Jurist sammelte er am Landgericht bzw. am Amtsgicht München. In den zwanziger Jahren heiratete er Cläre Goldschmidt (1900-1979) und führte den Verlag seines Schwiegervaters Fritz Goldschmidt „J.D. Reuter’s Druckerei“ in Mainz fort. In erster Linie wurden „Weinfach-Drucksachen“ publiziert, u.a. gesetzliche Weinlagerbücher. Schon in seiner Dissertation von 1921 hatte er sich mit dieser Thematik auseinandergesetzt. Am Zweiten Weltkrieg nahm Hanns Krach nicht teil. Am 1. April 1945 erhielt er von dem Amerikanern aufgrund seiner unbelasteten Vergangenheit in der NS Zeit als erster eine Lizenz zur Gründung einer Druckerei & eines Verlages in Mainz, der jetzt unter seinem Namen „Verlag Dr. Hanns Krach“ firmierte und zunächst juristische Fachpublikationen veröffentlichte. Am 22. Februar 1959 starb Hanns Krach im Alter von 67 Jahren.
Wir danken Herrn Dr. Tillmann Krach sehr, dass er uns die privaten Fotos von seinem Großvater für diesen Blog zur Verfügung gestellt hat.
© Text Regina Müller akg-images, Oktober 2014